Herkunft des Begriffes "Geistiges Eigentum"

Kiste oder Truhe in Hieroglyphen

Der Begriff "Geistiges Eigentum" kommt nach Meinung von Prof. Manfred Rehbinder, einer der führenden deutschen Rechtswissenschaftler, aus der Mottenkiste der Rechtsgeschichte. Es handele sich um eine rechtstheoretische Verirrung aus der Mottenkiste der Rechtsgeschichte, der die tatsächliche Rechtslage nur verdunkele.1 Rehbinder reagierte damit unter anderem auf eine allzu überschwengliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ): "In der Befriedigung des Kunstverlangens des Einzelnen liegt die Dankesschuld verankert, die es an den geistig Schaffenden seitens der Allgemeinheit durch einen wirksamen Rechtsschutz abzutragen gilt. Die dem früheren Privilegienwesen zugrunde liegende Rechtsvorstellung, dem Urheber stehe ein wirtschaftlicher Nutzen aus seiner Geistesschöpfung nur insoweit zu, als ihm der Gesetzgeber durch eine in seinem Ermessen stehende Verleihung von ausschließlichen Nutzungsrechten einen solchen Ertrag zubillige, ist durch die Lehre vom geistigen Eigentum, das dem Urheber durch die Schöpfung des Werkes zuwächst, in allen Kulturstaaten seit langem überwunden. Für das moderne Urheberrecht wird allseitig anerkannt, dass die Nutzungsrechte des Urhebers nur die Ausstrahlungen seines durch den Schöpfungsakt begründeten geistigen Eigentums sind. Die Herrschaft des Urhebers über sein Werk, auf das sich sein Anspruch auf einen gerechten Lohn für eine Verwertung seiner Leistung durch Dritte gründet, wird ihm hiernach nicht erst durch den Gesetzgeber verliehen, sondern folgt aus der Natur der Sache, nämlich aus seinem geistigen Eigentum, das durch die positive Gesetzgebung nur seine Anerkennung und Ausgestaltung findet." (BGHZ 17, 266, 278)

Antike und Mittelalter

In der Antike sowie im Mittelalter gab es nur ein rudimentäres Recht am geistigen Eigentum.

Die Römer teilten das Eigentum in folgende Kategorien:
Begriff Bedeutung Beispiele
res nullius Dinge, die Niemandem gehören, weil sie noch nicht in Besitz genommen worden sind. Also Dinge, die prinzipiell in Besitz genommen werden können. Aufgegebenes Eigentum, Fische im Meer oder in Seen, Wild, Eigentum des Feindes
res communis gemeinfreie Dinge, also was man unter "Public Domain" im Englischen versteht. Es ist unmöglich diese Dinge zu besitzen. Luft, Wasser (Seen, Ozeane, Flüsse)
res publicae Der Begriff "res publicae" bezeichnet zunächst einmal den Staat ans sich bzw. das Gemeinwesen. Im speziellen Sinne bezeichnet es auch die Staatsform von ca. 500 v. Chr. bis zum Beginn der Kaiserzeit.
Juristisch bezeichnet es die Dinge, die dem Staat bzw. dem Gemeinwesen gehören.
Straßen, Brücken, Häfen usw.
res universitatis Dinge, die zu Gruppen, aber nicht zum Staat gehören, also nicht zu "res publicae" Theater, Rennarenen
res divini juris Die Römer unterteilten das Recht in "res divini juris" und "res humani juris". Res divini juris bezeichnet alles, was religiösen Zwecken dient oder heilig ist. Gräber, Tempel und so weiter

In der Antike und im Mittelalter war es so, dass Nachahmung erlaubt war, sofern keine Verbote bestanden. Vor der Erfindung des Buchdruckes war es erlaubt, ein Buch abzuschreiben. Die Bearbeitung eines Stoffes durch viele verschiedene Künstler und Autoren war üblich, ebenso die Übernahme oder Veränderung von Liedern und Musikstücken durch andere Musiker.
Die Belohnung der Urheber erfolgte vor der Erfindung des Buchdrucks nicht wie heute durch Anteile am Verkauf von den Werken, sondern durch Zuwendungen und Belohnung, die aber meist ohne Rechtsverpflichtung erfolgten.


Geistiges Eigentum als Naturrecht

Gegen Ende des 18. Jahrunderts wurde die Idee des geistigen Eigentums als ein natürliches, angeborenes und unveräußerliches Recht geprägt. Diese Idee wurde von Immanuel Kant, John Locke und Johann Gottlieb Fichte propagiert. Fichte schreibt in seiner Schrift "Beweis der Unrechtmäßigkeit des Büchernachdrucks": " Wir können an einem Buche zweierlei unterscheiden: das körperliche desselben, das bedruckte Papier; und sein geistiges. Das Eigenthum des erstern geht durch den Verkauf des Buchs unwidersprechlich auf den Käufer über. Er kann es lesen, und es verleihen, so oft er will, wieder verkaufen an wen er will, und so theuer oder so wohlfeil er will oder kann, es zerreißen, verbrennen; wer könnte darüber mit ihm streiten? Da man jedoch ein Buch selten auch darum, am seltensten bloß darum kauft, um mit seinem Papier und Drucke Staat zu machen, und damit die Wände zu tapeziren; so muß man durch den Ankauf doch auch ein Recht auf sein Geistiges zu überkommen meinen. Dieses Geistige ist nehmlich wieder einzutheilen: in das Materielle, den Inhalt des Buchs, die Gedanken die es vorträgt; und in die Form dieser Gedanken, die Art wie, die Verbindung in welcher, die Wendungen und die Worte, mit denen es sie vorträgt. Das erste wird durch die bloße Uebergabe des Buchs an uns offenbar noch nicht unser Eigenthum. Gedanken übergeben sich nicht von Hand in Hand, werden nicht durch klingende Münze bezahlt, und nicht dadurch unser, daß wir ein Buch, worin sie stehen, an uns nehmen, es nach Hause tragen, und in unserm Bücherschranke aufstellen. Um sie uns zuzueignen, gehört noch eine Handlung dazu: wir müssen das Buch lesen, seinen Inhalt, wofern er nur nicht ganz gemein ist, durchdenken, ihn von mehrern Seiten ansehen, und so ihn in unsre eigne Ideenverbindung aufnehmen. Da man indeß, ohne das Buch zu besitzen, dies nicht konnte, und um des bloßen Papiers willen dasselbe nicht kaufte; so muß der Ankauf derselben uns doch auch hierzu ein Recht geben: wir erkauften uns nehmlich dadurch die Möglichkeit, uns die Gedanken des Verfassers zu eigen zu machen; diese Möglichkeit aber zur Wirklichkeit zu erheben, dazu bedurfte es unsrer eignen Arbeit."


1 Manfred Rehbinder, Urheberrecht, 12. Auflage, München 2002, S. 52 f.