Digital Millennium Copyright Act (DMCA)


Das umstrittene Digital Millennium Copyright Act (DMCA) der USA wurde bereits vor über einem Jahrzehnt in Kraft gesetzt. Am 8. Oktober 1998 wurde es durch den Senat der Vereinigten Staaten von Amerika verabschiedeten und am 28. Oktober 1998 unterzeichnete der damalige demokratische Präsdient Bill Clinton das Digital Millennium Copyright Act. Mit dem DMCA wurden die Rechte der Copyright-Inhaber erweitert. Stein des Anstosses beim DMCA sind die sogenannten "anti-circumvention provisions" (Anti-Umgehungs-Bestimmungen). Dadurch wird sowohl die Entwicklung als auch die Verbreitung von Technologien verboten, mit deren Hilfe die Zugriffsbeschränkungen auf kopiergeschützte Werke umgangen werden könnten. Dabei spielt es keine Rolle, ob das primäre Ziel der Technologie, also des Gerätes oder der Software, in der Umgehung des Kopierschutzes besteht oder nur einen möglicherweise auch unerwünschten Nebeneffekt darstellt.
Beispiel aus der gegenständlichen Welt: Mit einer Axt kann man sowohl Bäume fällen als auch in Häuser und Wohnungen einbrechen. Würde das DMCA sich mit konventionnellen Einbrüchen beschäftigen und würde man die gleichen Kriterien wie im digitalen Markt ansetzen, wären Äxte und andere nützliche Werkzeuge wie beispielsweise Schraubenzieher generell verboten. Man würde den Besitzern solcher Werkzeuge unterstellen, sie zum Zwecke des Einbruchs vorzuhalten.
Ein weiterer umstrittener Punkt des DMCA besteht darin, dass für Copyright-Inhaber und Verwerter die Möglichkeit geschaffen wurde, private Daten ohne Gerichtsurteil oder Klage einzufordern.

Die wesentlichen Kritikpunkte am DMCA1:

  • Es schränkt das Recht auf freie Meinungsäußerung unverhältnismäßig ein
    Als Beispiele gelten: Die Anklage gegen das 2600-Magazin (2600: The Hacker Quarterly)2, Drohungen gegen das Team von Professor Edward Felten durch die SDMI3, die Inhaftierung und die Strafverfolgung des russischen Programmierers Dmitry Sklyarov4
  • Das bisherige Recht (juristisch gesehen "nur" ein Privileg) auf "Angemessene Verwendung" (fair use) wurde de facto nahezu außer Kraft gesetzt für kopiergeschützte Werke
    Beispielsweise können Konsumenten keine legalen Kopien zum Eigenbedarf mehr von Filmen anfertigen, die sie gekauft haben. Außerdem war es Benutzern von Linux-Betriebssystemen jahrelang nicht möglich legal kopiergeschützte Filme anzuschauen.
  • Das Gesetz behindert die Innovation und den Wettbewerb
    Statt gegen "Piraten" wurde das Gesetz allzu häufig gegen legitime Wettbewerber eingesetzt. So wurde das DMCA benutzt um den Zubehörmarkt für Tonerpatronen von Laserdruckern abzuschotten gegen Konkurrenten. In einem anderen Fall handelte es sich um automatische Garagenöffner. Apple benutzte das DMCA um RealNetworks davon abzuschrecken, Musikdownloads für iPod-Benutzer anzubieten.
Am 22. Mai 2001 wurde in der Europäischen Union mit der Richtlinie 2001/29/EG ähnliches verabschiedet.




1 Zitiert nach ELECTRONIC FRONTIER FOUNDATION, Ten Years under de DMCA, Unintended Consequences

2 Das 2600-Magazin gehört zu den wichtigsten Magazinen der Hacking/Phreakingszene. Das Magazin wurde im Jahre 1987 von Eric Corley, auch bekannt unter dem Pseudonym Emmanuel Goldstein, gegründet. Es beschäftigt sich in erster Linie mit Sicherheitslücken in der Informations- und Telekommunikationstechnik. 1999 wurde das Magazin von der MPAA (Motion Picture Association of America) wegen der Veröffentlichung des DeCSS-Codes unter Berufung auf das DMCA verklagt. 2600 musste wowohl DeCSS von ihrer Webseite entfernen, als auch auch sämtliche Links auf andere Websites, bei denen DeCSS erhältlich war. Die Revision im Jahr 2001 verlor 2600 ebenfalls.

3 Edward William Felten, Professor für Informatik und Öffentliche Angelegenheiten an der Princeton University, forscht im Bereich Computersicherheit. Felten trat auch als Zeuge im Kongress zu Copyright-Fragen auf.
Die SDMI (Secure Digital Music Initiative) hatte im Jahre 2000 einen Wettbewerb ausgeschrieben, in dem Forscher aufgefordert wurden, Wasserzeichen der SDMI aus Audio-Ausschnitten zu entfernen. Felten und seinem Team war dies so perfekt gelungen, dass die SDMI keine Wasserzeichen mehr feststellen konnte. Allerdings beklagte die SDMI, dass das Verfahren von Felten nicht Verlustfrei sei. Nachdem Feltens seine Methoden in einem Papier beschrieben hatte, drohte ihm die SDMI mit rechtlichen Konsequenzten, sollte er dieses Papier wie geplant auf dem "International Information Hiding Workshop" in Pittsburgh vorzustellen. Ihre Drohung basierte auf dem DMCA. Später bestritten die SDMI Felten mit einer Klage gedroht zu haben. Allerdings steht dem ein Auszug aus einem Brief von Matthew Oppenheimer (Sprecher der SDMI) an Felten entgegen: " Jede Offenlegung, der Informationen, die beim dem öffentlichen Wettbewerb gewonnen wurden, könnte für sie und ihr Team aufgrund des DMCA Folgen haben." (The Register, 23. April 2001)
Im Jahre 2001 präsentierte Felton das Papier auf der Konferenz USENIX ohne rechtliche Konsequenzen. Eine Bewertung durch das Justizministerium hatte ergeben, dass die Androhung rechlicher Konsequenzen, unrechtmäßig gewesen sei.

4 Dmitri Sklyarov wurde im Juli 2001 wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das DMCA in den USA verhaftet, als er nach Moskau zurückfliegen wollte. Er beschäftigte sich mit Kryptoanalyse und hatte als Angestellter für die russische Firma ElcomSoft eine Software mit dem Namen ARBPR (Advanced eBook Processor). hatte einen Vortrag auf der DEF-CON-Konferenz in Las Vegas. Man warf ihm vor, dass mit dem von ihm entwickelten Produkt Vorkehrungen zum Schutz des Copyrights umgangen werden könnten. Drei Tage nach seiner Verhaftung, die wohl auf Betreiben der Firma Adobe erfolgt war, teilte die AAP (Association of American Publishers) in einer Mitteilung an die Presse mit, dass sie die Verhaftung unterstützen würde. Das besonders perfide an diesem juristischen Possenspiel war, dass Sklyarov ein einfacher Angestellter war, der im Auftrag seines Arbeitgebers diese Software entwickelt hatte. Sieben Tage nach seiner Verhaftung rückte Adobe von seiner anfänglichen Haltung ab und empfahl in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit EFF (Electronic Frontier Foundation) die Freilassung. Allerdings blieb die Klage Adobes gegen ElcomSoft bestehen. Am 6. August wurde er gegen eine Kaution von 50.000,- Dollar freigelassen, durfte aber Nord-Kalifornien nicht verlassen. Am 28. August klagte man ihn und ElcomSoft an in fünf Punkten gegen US-Recht verstoßen zu haben. Als Höchststrafe für sein "Vergehen" erwarteten ihn 25 Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe von bis zu 2.250.000,- Dollar. Nach fast fünf Monaten wurde ihm am 13. Dezember erlaubt in seine Heimat zurückzukehren.