Wahr bleibt wahr

Wenn einem jemand sagt, dass eins plus eins gleich zwei ist, dann ist das ohne jeden Zweifel mathematisch völlig korrekt. Ebenso, wie wenn jemand sagt, dass es keine größte Primzahl gibt. Eine wahre Aussage bleibt eine wahre Aussage, egal wer sie ausspricht. Also ist es auch in unserem Beispiel egal, ob es ein Jurist, Betriebswirt, Informatiker, Mathematiker, Gärtner oder Koch sagt.
Laie, Experte oder Generalist
Wer ist am besten geeignet über das sogenannte "Geistige Eigentum" zu schreiben? Ein Jurist oder ein
Patentanwalt denken viele sofort und das mit einer gewissen Berechtigung. Aber stimmt es auch? Wie würde
die Antwort aussehen, wenn man sich mit Schwangerschaftsabbruch beschäftigte? Ist er erlaubt oder wenn ja,
bis wann? Ein Jurist könnte einem sicherlich sehr umfassend über die gesetzlichen Zusammenhänge
informieren. Prinzipiell eine strafbare Handlung nach $218 des Strafgesetzbuches würde ein Jurist1
sagen, aber nach $218a StGB gibt es eine Reihe von straffreien Ausnahmefällen, beispielsweise vorherige
Teilnahme an einer Schwangerschaftskonfliktberatung oder wenn die Schwangerschaft eine Folge einer
Vergewaltigung ist oder wenn sie eine Gefahr für die körperliche
und seelische Gesundheit der Schwangeren bedeutet. Aber das ist natürlich nur die juristische Seite.
Wie sieht es mit der moralischen Sichtweise aus. Hier streiten und stritten sich in der Gesellschaft
über Jahrzehnte hinweg unversöhnliche Gegenpole: Für die einen ist eine Abtreibung immer ein Mord
für andere wäre ein
Schwangerschaftsabbruch bis kurz vor der Geburt denkbar und moralisch begründbar. Der Gesetzgeber hat
in diesem Fall nur einen gesellschaftlichen Kompromiss in Gesetze gegossen. Gesetze, die jederzeit auf
Wunsch und Drängen der Gesellschaft in die eine oder andere Richtung verschoben werden können. Was unter
anderem auch daran liegt, dass das Heranwachsen eines Embryos ein kontinuierlicher Prozess ist,
es also keine diskreten Sprünge gibt, die
sich exakt in Wochen oder Monaten ausdrücken lassen.
Ähnlich verhält es sich auch mit dem sogenannten "Geistigen Eigentum" bei Urheberrechten und Copyrights.
Juristen können einem exakt sagen, wann ein Copyright oder ein Urheberrecht für ein bestimmtes Werk
ausläuft, aber die Frage, wie lange generell solche Fristen sein sollen, sind Fragen auf die Juristen
keine Antwort geben können und wollen, denn dabei handelt es sich um gesellschaftliche Fragestellungen.
Leider stehen allerdings die meisten Mitglieder unserer Gesellschaft Copyright- und Urheberrechts-Fragen
ziemlich desinteressiert gegenüber. Dies ist um so bemerkenswerter, da es mittlerweile wohl kaum mehr
Haushalte gibt, in denen es keine "Kriminelle" im Sinne der Verwertungsindustrie gibt.2
Unsere Gesellschaft überlässt das Gebiet "Geistiges Eigentum" nahezu vollständig den Juristen und den
Rechteverwertern. So darf es niemanden wundern, dass nahezu sämtliche Änderungen in Patent-, Marken- und
Urheberrecht zu Ungunsten der Verbraucher erfolgt sind. Öffentlich wird es natürlich anders dargestellt:
Urheberrechtsverlängerungen, Verschärfungen und Kriminalisierungen dienen dem Wohle aller! Nicht
verwunderlich, denn die Bewertung der Gesetzesänderungen erfolgt halt auch durch die Rechteverwerter.
Juristen, Künstler oder Informatiker
Wer darf sich also äußern, wenn es um das Geistige Eigentum geht? Die Diskussion muss auf jeden Fall interdisziplinär erfolgen. Für eine allen Aspekten genügende Diskussion werden zum Beispiel auch Volkswirte und Betriebswirte benötigt, die die volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Auswirkungen abschätzen können. Aber im Prinzip sollte es eine in der gesamten Gesellschaft ausgetragene Diskussion geben, denn jedes Mitglied der Gesellschaft ist direkt oder indirekt vom Geistigen Eigentum und seiner Interpretation betroffen.
Autor dieser Webseite
Darf es sich ein Diplom-Informatiker und Mathematiker, der auch als Autor3 tätig ist, - ein
mehrfach vom Urheberrecht und auch Patenten Betroffener - erlauben
eine Webseite über das Thema "Geistiges Eigentum" zu verfassen?
Als Informatiker entwickelt man Computerprogramme und verletzt dabei
nahezu unweigerlich ohne es zu wollen und ohne es effektiv verhindern zu können Software-Patente, die es
offiziell in Deutschland nicht gibt.4 Als Autor von Romanen, Biografien und Webinhalten ist man
zum einen auf den Schutz durch ein funktionierendes Urheberrecht angewiesen zum anderen muss man ständig
fürchten, unbeabsichtigt Urheberrechte zu verletzen, wozu selbst kleinste Zitate führen können.
Schädlich für Künstler und Gesellschaft
Warum sollte ein Autor gegen ein lange währendes Copyright sein? Es hat doch nur Vorteile für ihn oder sie. Wenn
man bereits berühmt ist, stimmt das in hohem Maße. Aber für all diejenigen, die es nicht oder noch nicht
geschafft haben, kann es ein großer Nachteil sein. Ein Verlag (Literatur-, Kunst- oder Musikverlag) wird
nur sehr begrenzt in unbekannte und neue Werke investieren, wenn er mit alten Werken, die immer noch
unter Copyright stehen, üppige Gewinne einfahren kann. Während ein Verlag also mit Autoren, die schon vor
Jahrzehnten zu Staub geworden sind aber deren Urheberrecht oder Copyright immer noch frisch ist,
nahezu risikolos Gewinne machen kann, bedeutet die Investition in neue unbekannte Autoren ein
finanzielles Risiko. Aber selbst wenn es einem Verlag gelingt neue Autoren berühmt zu machen, so heißt dies
aber gleichzeitig, dass er mit den neuen Werken sich selbst oder genauer seinen alten Werken Konkurrenz
macht. Kann man doch davon ausgehen, dass die Gesamtzahl der zu verkaufenden Bücher bis zu einem gewissen
Grad konstant ist. Existierte hingegen von manchen alten Büchern.
Aber ein allzu lang gewährtes Copyright bzw. Urheberrecht stellt nicht nur für neue und unbekannte
Autoren ein Hemmnis dar, sondern ist auch ein Nachteil für die ganze Literaturgemeinde, wenn das Angebot
wegen der bestehenden Urheberrechte immer knapper wird.
Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass es viele verwaiste Werke gibt. Bücher können nicht mehr gedruckt
werden, deren Copyright noch nicht abgelaufen ist, weil der Inhaber der Rechte sich nicht mehr ermitteln
lässt. Das gleiche gilt für musikalische Werke.